BVM-Kongress am 14. Juni 2023 in Frankfurt a.M. – ein persönlicher Rückblick
Mein erster BVM-Kongress seit Corona! Eigentlich sogar meine erste größere Veranstaltung seitdem. Man weiß schon fast nicht mehr, wie das geht.
Ich bin seit vielen Jahren ein regelmäßiger Besucher des BVM-Kongresses, da ich Programm und Publikum sehr schätze. Pausiert habe ich nur in den Corona-Jahren, da mich persönlich das Konzept des virtuellen Kongresses nicht so recht überzeugen konnte. Ich weiß aber, dass das hochprofessionell und perfekt organisiert wurde und die Teilnehmer, mit denen ich sprach, waren sehr zufrieden. Ich treffe aber gern Menschen. Und – seien wir ganz ehrlich – virtuelle Veranstaltungen sind großartig, und geben einem oft Gelegenheit, an etwas teilzunehmen, zu dem man es sonst nicht geschafft hätte. Aber am Ende ist die eigene Aufmerksamkeit doch oft geringer oder geteilter als es optimal wäre. Das passiert einem bei Präsenzveranstaltungen nicht. Aber nun zum eigentlichen Thema: Der Kongress.
Wie immer war die Veranstaltung perfekt organisiert. Von den Informationen im Vorfeld bis zur Betreuung vor Ort war einfach alles auf dem hohen Niveau, wie man es vom BVM gewohnt ist. Und wie immer war es ein kleines Branchentreffen, auch wenn es mir diesmal nicht ganz so gut besucht schien, wie in früheren Jahren. Aber das war nur mein gefühlter Eindruck, ich muss zugeben, ich habe die Zahlen aus früheren Kongressen nicht parat. Diesmal sollen es auf jeden Fall gut 200 Teilnehmer gewesen sein.
Daten über Daten und kein Ende
Der Titel war „Daten über Daten und kein Ende – wie Research Analytics Überblick und Orientierung schafft“. Wie immer ein wenig sperrig, aber das lässt sich sicher kaum vermeiden, wenn man ein Thema in der entsprechenden Breite behandeln will. Und das ist durchaus gelungen. Ganz weit vorn waren in meiner persönlichen Wahrnehmung die beiden Keynotes. Dafür an dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank an Dr. Teresa Kubacka und Andera Gadeib, die beide auf Ihre jeweils eigene Art einen sehr guten Einstieg ins Thema gegeben haben.
Es folgten spannende Vorträge im PechaKucha-Format. Hier wurden in schneller Abfolge verschiedene Themen spannend beleuchtet und damit die große Bandbreite des Kongressthemas noch einmal sehr deutlich. Ich bin bei diesem Format immer etwas hin- und hergerissen. Es ist großartig, in so kurzer Zeit so viel über unterschiedliche Themenbereiche zu hören. Aber es ist natürlich auch immer etwas dabei, was man so spannend findet, dass man sich einen längeren und detaillierteren Vortrag gewünscht hätte.
Und welche Sau wird diesmal durchs Dorf getrieben?
Hier bestätigte sich dann, was sich schon in den Keynotes angedeutet hatte. Die beiden Schlüsselwörter des Kongresses waren: Künstliche Intelligenz und Dashboards. Wenig verwunderlich kam kaum ein Vortrag ohne einen der beiden oder gar beide Begriffe aus. Aber – und das spricht für die gute Auswahl der Vorträge – die Schlussfolgerungen waren durchaus unterschiedlich. Bei der künstlichen Intelligenz gab es, bei all den unterschiedlichen Ausprägungen, die diese derzeit annimmt, im Grunde zwei Grundpositionen. Die einen halten KI für einen Gamechanger, die anderen halten KI für „Die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird“. Ich gebe zu, ich bin häufig ein Anhänger der zweiten These. Was habe ich alles schon erlebt, dass als die Revolution der Marktforschung angepriesen wurde. Und vieles davon hat auch seinen Platz oder seine Nische gefunden. Aber nichts davon, vielleicht mit Ausnahme der Onlineforschung, hat wirklich die ganze Branche umgekrempelt. Aber im Falle der künstlichen Intelligenz denke ich auch, dass diese innerhalb der nächsten fünf Jahre (und das ist wahrscheinlich ein zu konservativer Zeithorizont) massiven Einfluss auf die Forschung haben und vieles verändern wird. Allein deswegen war es gut und richtig, dass das ein stetig wiederkehrendes Thema war, dass aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet wurde.
Und auch das andere wiederkehrende Thema, die Dashboards, wurde sehr differenziert beleuchtet. Hieß es in den letzten Jahren meist, ohne Dashboards kann man sich kaum beim Kunden blicken lassen, ist der Blick aufs Dashboard inzwischen deutlich differenzierter. Auch wenn die Sinnhaftigkeit oft unbestreitbar ist, sind sie nicht für jede Studie notwendig und können sogar vom Wesentlichen ablenken. Man hörte sogar Sätze wie „Dashboards are dead“ oder wären nur eine langweilige Anzeige von „Ich erzähle mal, was ich so weiß“. Ich habe mich auf jeden Fall sehr gefreut, dass das so differenziert beleuchtet wurde.
Preise gab es natürlich auch
Was gab es noch? Best of FAMS mit spannendem Thema und einem hervorragenden Vortragenden. Wenn das der Nachwuchs ist, müssen wir uns keine Sorgen um die Branche machen. Auch der Nachwuchsforscherpreis ging wieder an innovative Masterarbeiten und Dissertationen. Hier hätte man sich fast noch mehr gewünscht, da das Teilnehmerfeld wohl groß und eben auch durchgehend sehr gut gewesen sein soll.
Die gleichen Qualitäten (viele durchgehend gute Arbeiten) gab es wohl auch für den Innovationspreis. Gewonnen haben Pascal de Buren von Caplena zusammen mit Lasse Wolfarth von Beiersdorf, denen ich an dieser Stelle gern noch einmal gratuliere! Aber auch die anderen vorgestellten Ansätze, von Interrogare (sogar ohne KI und Dashboards und trotzdem wirklich innovativ) und von Vodafone/sd vybrant konnten überzeugen und wären sicher auch preiswürdig gewesen. Aber es kann halt jedes Jahr nur einer gewinnen.
Am späteren Nachmittag Ende gab es noch eine Podiumsdiskussion zum Thema Marketing und Marktforschung, die mir mit drei Personen zwar etwas schwach besetzt schien, in der aber trotzdem spannend diskutiert wurde.
Und dann wurde am Ende noch die Marktforscher Persönlichkeit des Jahres ausgezeichnet. Anna Rosling Rönnlund, die dann noch einen Vortrag zu dem Thema hielt, und ihr Mann sind völlig zu Recht mit diesem Preis ausgezeichnet worden, weil Sie mit ihrer Gapminder Foundation den Blick für das Gute und Positive schärfen. Sie setzen Daten in Relation und zeigen damit auf, dass vieles nicht schlechter, sondern besser wird. Und das ist ein wirklich wertvoller Beitrag in einer Welt, in der schlechte Nachrichten oft die wertvollsten zu sein scheinen. Chapeau!
Was gab es noch?
Es wurde viel geklatscht, was für die Begeisterung des Publikums und die Qualität der Vorträge spricht. Die Veranstaltung am Vorabend war ganz wunderbar und hatte mal nicht das übliche Buffet, sondern eine sehr leckere asiatische Variante. Das Essen auf dem Kongress war keine Überraschung, aber trotzdem schmackhaft. Die Gespräche waren gut, die Menschen freundlich und der Kongress insgesamt ein Erlebnis.
Bis zum nächsten Jahr in Leipzig!
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