Modularer Methodenkoffer für die Markenforschung
Moderne Markenforschung geht nur modular – zu divers die Markenlandschaft, zu individuell die Interaktion mit den Konsument:innen. EARSandEYES erklärt, welche Bestandteile in einem perfekt gepackten Methodenkoffer Platz finden sollten.
Markenforschung tritt mit dem Ziel an, das Marketing bei den Herausforderungen der Markenführung erfolgreich unterstützen. Es gilt, den:die Konsument:in „ab zu holen", und die Motivationen, Bedürfnisse, Wahrnehmung und Verhaltensweisen von Konsument:innen in ihrer Erlebniswelt mit den Marken zu erfassen.
Nur durch aussagekräftige Consumer Insights und klare Handlungsableitungen kann Markenforschung dazu beitragen, dass die Erkenntnisse kurz- bis langfristig wertschöpfend in die Marketingaktivitäten einbezogen werden.
Wie aber werden diese Consumer Insights zur Markenwahrnehmung sinnvoll erhoben?
Marke hat Einfluss auf jede Fragestellung
Die Anforderungen an Marken haben sich verschoben und die Möglichkeiten, die Konsumenten zu erreichen diversifiziert. Aus diesem Grund müssen die Markensteuerung und Erhebung von Consumer Insights neu gedacht werden: weiterhin systematisch und zielgerichtet, aber dabei modular und flexibel.
Wir glauben an die Kraft im Zusammenspiel von Marke, Innovationen und Kommunikation: ein Neuprodukt zahlt immer auch auf die Markenwahrnehmung, eine Kampagne aufs Image und die Markenstärke ein. Umgekehrt liefert der Status Quo einer Marke schon die Plattform für glaubwürdige Neuprodukte oder tragfähige Kampagnen.
Das bedeutet einerseits, dass der Einfluss auf die Marke in jeder Fragestellung des Markenherstellers berücksichtigt werden sollte – egal, ob sich eine Fragestellung bereits konkret auf das Thema Markenpositionierung oder -stärke bezieht, oder aber ob es akut um innovative Neuprodukte oder eine neue Kampagne geht.
Darüber hinaus gilt es, der komplexen Interaktion von Konsumenten mit Marken gerecht zu werden und ihre Wahrnehmung der Marke über diverse Touchpoints zu ermitteln.
Aus unserer Sicht gibt es daher nicht nur den einen Königsweg, Markenforschung zu betreiben. Geeignete Ansätze müssen sich nach der jeweiligen Fragestellung, dem Erkenntnisinteresse und der abzuleitenden Handlung richten, teils auch nach der betreffenden Branche. Und die Ansätze müssen sich flexibel und modular mit anderen Forschungsschwerpunkten vereinen lassen.
Aus diesem Grund setzen wir für die Markenforschung nicht ein einziges Tool ein, sondern arbeiten mit einem modularen Methodenkoffer.
Bewusste und unbewusste Mechanismen erkennen und für die Marke einsetzen
Rein befragungsbasierte Ansätze werden der Markenrealität aufgrund des rationalisierenden Charakters nicht immer gerecht. Denn den Großteil unserer Konsumentscheidungen fällen wir unbewusst.
Emotionalität ist die Geheimwaffe der Marken – sie hilft uns, Markenstärke aufzubauen, Aufmerksamkeit zu erzeugen und Inhalte zu verankern. Der Methodenkoffer zur Markenforschung sollte also in jedem Fall neben den expliziten Ansätzen implizite Lösungen beinhalten.
Der Blick in den Methodenkoffer
Welche Module der Markenforschung sollte der Methodenkoffer unserer Meinung nach konkret beinhalten, um Markenerfolg zu messen und Handlungspotenziale zu identifizieren?
Mental Networks und Brand Cues: Die neuronale Abkürzung
Neuropsychologen sagen “What fires together, wires together”. Sprich: je häufiger neuronale Zusammenhänge geschaffen werden, desto stabiler werden diese Zusammenhänge. Das gilt auch für Markenwahrnehmung, und zwar sowohl in Bezug auf ihre Kerneigenschaften als auch auf ihre visuellen oder auditiven Merkmale. Hier setzt die unbewusste, automatisierte Markenwahl an – was hat der:die Konsument:in im Kopf, wonach steuert er*sie in der Markenwahl?
Daher sollte jeder gute Methodenkoffer für Markenforschung Module beinhalten, die die Mental Networks von Konsument*innen abbilden können und bei Bedarf die Erforschung der Brand Cues ermöglichen.
Bei den Mental Networks geht es darum, möglichst spontan und intuitiv von Konsumenten zu lernen, was sie mit den Marken assoziieren: Sind die intendierten Kernwerte der Marke auch bei Konsument:innen etabliert, gibt es ein klares Bild?
Brand Cues zeigen auf, welche Elemente wie Logo, Farbcodes, Schriftzüge oder auch gestalterische Elemente der Packung oder Jingles mit der Marke in der Wahrnehmung bereits verknüpft, als Alleinstellungsmerkmal und zur Wiedererkennung und somit gegebenenfalls in der POS-Navigation relevant sind oder nicht.
Bei beiden Ansätzen gilt es auch zu erkennen, ob eine Marke bestimmte einzigartige Dimensionen besitzt, oder sie mit anderen teilt. Das wiederum ist wichtig, um zu verstehen, mit welchen Elementen man exklusiv auf die eigene Marke einzahlt und wo man eher die Kategorie, schlimmstenfalls einen starken Wettbewerber stützt.
Brand Strength: Welche KPI für die Brand Equity?
Eine wesentliche Frage im Rahmen der Markenforschung ist die nach der Markenstärke. Hier gibt es eine Reihe gängiger Ansätze, die je nach Historie im Unternehmen, nach Branche und Mechanismen im Markt ihre Berechtigung haben. Wichtig ist nur, dass jeweils das passende Markenstärke-Maß sinnvoll gewählt wird.
Das kann in einem Fall beispielsweise der oft erprobte Net Promoter Score (NPS) sein, in einem anderen der klassische Markendreiklang. Oder ein individuell erstellter Markenstärke-Score, der sich aus der emotional besetzten Imagestärke einerseits und marktbedingten Faktoren wie Distribution, Preis, Sortiment etc. andererseits zusammensetzt.
In jedem Fall gilt es, den relevanten Wettbewerb mit abzubilden, denn nur im Vergleich dazu lässt sich die gemessene Markenstärke sinnvoll interpretieren und für abzuleitende Handlungsempfehlungen nutzen.
Image und Wertekanon: Was für ein Beziehungsangebot bietet die Marke?
Der Schlüssel zum Markenerfolg liegt in den Motivationen der Menschen: Es geht darum, sie mit der Marke dort abzuholen, wo der:die Konsument:in glüht, wo seine:ihre Wünsche, Bedürfnisse und sein:ihr Selbst- und Weltbild getroffen werden. Damit sind wir bei dem, was sinnstiftend ist und ein attraktives Beziehungsangebot macht.
Dazu erheben wir Markenassoziationen der Konsument:innen auf emotionalen und funktionalen Dimensionen und bilden darüber hinaus ihre Wahrnehmung der Markenpersönlichkeit ab.
Dabei können wir uns einerseits auf die direkt abgefragte Beurteilung der Konsumenten stützen. Hier können wir mit Hilfe von Treiberanalysen und anderen multivariaten Verfahren je nach Bedarf die relevanten Kategorie- und Markendimensionen identifizieren, die wir als Marke stärken sollten, um (noch) erfolgreich(er) zu sein. Und wir können den Raum basierend auf Motivationen aufspannen und unsere Marke wie auch die Wettbewerber darin verorten, um zu sehen, welche Dimensionen von nur einer oder mehreren Marken besetzt werden und inwieweit hier Differenzierungspotenzial besteht.
Darüber hinaus können wir noch tiefer auf die emotionale, häufig unbewusste Ebene der Markenwahrnehmung einsteigen, indem wir Module zur impliziten Reaktionszeitsmessung nutzen. Diese verraten uns, wie stark bestimmte Dimensionen neuronal mit der Marke verknüpft sind, da stark etablierte Verknüpfungen schnell, weniger stark etablierte langsamer beantwortet werden.
Marktbarrieren: Welche Stellschrauben sind blockiert?
Nicht immer hängt der Markenerfolg am emotionalen Impact der Marke. Manchmal sind es schlichtweg externe Marktbarrieren wie Out-of-Stock-Phänomene, Kaufkanäle, Preisstellung, fehlende Promotion-Angebote oder -Formate, die den Kauf als finales Erfolgskriterium der Marke verhindern.
Daher gehört auch ein Modul zur Erhebung von Marktbarrieren in den Methodenkoffer zur Markenforschung. So verstehen wir, ob und wo es Handlungsbedarf jenseits vom Markenkern gibt.
Interaktion: wie interagieren Konsumenten der Marke?
Konsument:innen gestalten Marken mit. Sie tauschen sich über Marken aus, kommentieren und erwarten eine vitale, interaktive Beziehung mit den Marken, für die sie sich entscheiden. Outside-in/inside-out heißt die Devise moderner Markenführung.
Daher muss auch dieser Aspekt der Interaktion forschungsseitig abbildbar sein. Dies kann über passive Erhebungsmethoden wie Social Listening oder Metering-Daten erfolgen.
Social Listening erlaubt ein Verständnis dessen, was Konsumenten im Netz im Zusammenhang mit oder auch direkt über die Marke oder Kategorie sagen. Metering-Daten hingegen liefern aufgrund der gemessenen Navigation im Netz Aufschluss darüber, wie Konsumenten in den Kontakt mit der Marke kommen, in welchen Zusammenhängen das geschieht und letztlich natürlich auch, ob die Markenbotschaft an den gewünschten Touchpoints durchdringt.
Darüber hinaus erlaubt auch die Simulation von Communitys über qualitative Discussion Boards ein Zuhören unter den Konsumenten und ein tiefer gehendes Verständnis der Konsumenteninteraktion mit der Marke. Hier wird der Austausch in einem Medium gefördert, der anderen sozialen Medien ähnelt.
Ergebnisse aktivieren
Unserer Erfahrung nach lohnt sich die finanzielle und zeitliche Investition in einen Ergebnisworkshop maximal, da auf diese Weise nicht nur die Ergebnisse geteilt, verstanden und zu eigen gemacht werden. Es werden auch bereits direkt und ohne unnötige Zwischenschleifen die nächsten Schritte hinsichtlich der Implementierung auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse eingeleitet – und zwar unter Einbezug aller Stakeholder.
Ein systematisches und effizientes Workshopangebot zu den Ergebnissen der Markenforschung darf daher aus unserer Sicht in keinem Methodenkoffer zur Markenforschung fehlen.
Auf den Punkt gebracht
Zusammenfassend können wir festhalten: Markenforschung, das ist aus unserer Sicht die Kunst der richtigen Methodenkombination und Ergebnis eines vitalen Austauschs im erweiterten Team rund um das Marketing für den effektiven Einsatz der Erhebungsmodule und abzuleitender Erkenntnisse.
Häufig geht es um die Momentaufnahme, den Status Quo einer Marke insgesamt, oder die Abschätzung vom Einfluss einer Marketingaktivität (Neuproduktentwicklung oder Werbung) auf Markenstärke und -image. Nicht jedes Mal wird es nötig sein, die Marke vollumfänglich zu untersuchen.
Es kann aber durchaus wichtig sein, regelmäßig zu überprüfen, ob der richtige Kurs gehalten wird. Das gelingt mit Hilfe eines Markentrackings.
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