Concept Writing mit System: Produktkonzepte zielgenau formulieren

Sie haben bis zur Identifizierung vielversprechender Produktideen schon viel Zeit, Herzblut und Geld investiert? Dann ist der nächste Schritt für eine erfolgreiche Weiterentwicklung Ihrer Ideen die Umsetzung in ein gelungenes Konzept. In diesem Blogbeitrag beschreiben wir, wie das am besten gelingt.

Erfolg oder Misserfolg einer Produktinnovation im Markt hängt unter anderem maßgeblich von ihrer Überzeugungskraft ab. Sie zu bestimmen ist das wesentliche Ziel des Konzepttests. Doch nicht immer sind die Voraussetzungen für eine aussagekräftige Bewertung durch den Konsumenten gegeben. Unsere langjährige Erfahrung im Bereich Konzepttest zeigt: Auch eine großartige Idee, systematisch erdacht und entwickelt, kann als Produktkonzept überraschend durchfallen. Der Grund dafür können formale Schwächen in der Ausformulierung sein. Das zeigt sich häufig in vagen Ergebnissen oder sehr geringen Unterschieden zwischen eindeutig verschiedenen Konzepten in einem Konzepttest. Die Gründe dafür sind vielfältig: Mitunter mangelt es schlicht an ausreichend Zeit für die optimale Vorbereitung. Manchmal scheint die gewünschte Botschaft auch vollkommen klar, doch ihre überzeugende Niederschrift wird zur Herausforderung.

Valide Ergebnisse verlangen eine fachgerechte Ausarbeitung. Um die Konzepte zu identifizieren, die das größte Potenzial zur Weiterentwicklung und Markteinführung versprechen, müssen formale und inhaltliche Gesichtspunkte beim Schreiben des Konzepts beachtet werden.

Worauf es dabei besonders ankommt, ist Thema dieses Beitrags.

Ein Hinweis: Mit Konzept ist nachfolgend stets das Produktkonzept gemeint – also die Beschreibung Ihres Produkts oder Service. Das Marketingkonzept folgt deutlich später im Innovationsprozess und soll daher an anderer Stelle behandelt werden.

 

Die Basics – das 1×1 des Produktkonzepts

In der Konsumentenforschung hat sich für das Produktkonzept ein grundlegender formaler Aufbau bewährt.

Der Insight bildet die Ausgangsbasis des Konzepts.
Der Consumer Insight verdeutlicht einen Konflikt zwischen dem, was sich ein Konsument wünscht und dem, was er aktuell vorfindet. Er symbolisiert somit ein unerfülltes Bedürfnis, das befriedigt werden will.

  • Der Benefit ist das Herzstück des Konzepts
    Der Benefit ist die Lösung des Konflikts: Er ist die Antwort auf das unerfüllte Bedürfnis und zugleich erste Vorstellung des neuen Angebots bzw. Produkts.
  • Der Reason to Believe definiert die Gestalt des Konzepts
    Der oder die Reasons to Believe (RTB) sind Überzeugungsgründe für das Produkt. Sie erklären, warum das Produkt kann, was es im Benefit verspricht und entscheiden maßgeblich über Glaubwürdigkeit sowie Akzeptanz des Produktkonzepts.
  • Weitere Extras runden das Produktkonzept ab
    Titel, Schlusssatz, Preis, Mengenangaben oder Produktabbildungen helfen dabei, das beschriebene Konzept weiter zu verdeutlichen; grundsätzlich sollte das Verbalkonzept (bestehend aus den drei genannten Bausteinen) aber aussagekräftig genug sein.

Obacht: Zwischen Anreichern und Überfrachten ist es oft ein schmaler Grat. Gerät das Konzept zu einer Aneinanderreihung von Parametern und Features, kann der Konsument seine Relevanz und Einzigartigkeit im Test vielleicht gar nicht erkennen. Dies erschwert die Identifikation eines Gewinners zur späteren Weiterentwicklung.

 

Das Produktkonzept in der Praxis

Wie Sie alle wichtigen Informationen punktgenau und ohne Redundanz zu Papier bringen, demonstrieren wir nachfolgend anhand eines (fiktiven) Praxisbeispiels:

Das Idea Screening im Rahmen der Innovationsforschung hat die Idee eines persönlichen, per App steuerbaren Einkaufsservice als klaren Sieger hervorgebracht. Das Nutzererlebnis ist dem eines klassischen Gemischtwarenladens („Tante-Emma-Laden“) nachempfunden.

In drei Schritten konstruieren wir davon ausgehend ein exemplarisches Produkt- bzw. Dienstleistungskonzept.

 

01Consumer Insight: Versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Zielgruppe!

Der zentrale Aspekt beim Consumer Insight ist, dass sich der Leser mit der beschriebenen Situation identifizieren kann. Der Insight ist idealerweise aus früheren Studien, zum Beispiel der Insight Generation, bekannt. Wurde jedoch erst später in den Innovationsprozess eingestiegen, muss der Insight zur Konzepterstellung formuliert werden.

Das folgende Beispiel birgt Optimierungspotenzial:

Zwischen Halbtags-Job, Kinder verpflegen und Haushalt hab ich keinen Nerv, in überfüllten Supermärkten und in der Schlange an der Kasse meine Zeit zu verplempern. Ich bin eine moderne Hausfrau und Mutter und verlange Hilfe und Gerechtigkeit!

 

Auch wenn dieser Insight für bestimmte Personen sicher die Realität widerspiegelt, gibt es auf zweierlei Ebenen Probleme:

1. Formal: Der Consumer Insight ist negativ und übertrieben formuliert.

Obwohl das Spannungsfeld „wenig Zeit zum Einkaufen – ich suche nach einer bequemen Lösung“ durchaus relevant ist, bietet der Insight wenig Raum zur Identifikation. Beschwerden wie „Ich verlange Gerechtigkeit“ schrecken eher ab.

Vermeiden Sie deshalb negative Formulierungen und binden Sie den Leser stattdessen positiv ein. Ein Beispiel: „Ich wünsche mir eine sportliche Figur.“ anstelle von „Ich bin unzufrieden mit meinem schlaffen Aussehen.“

2. Inhaltlich: Der Consumer Insight beschränkt sich ausschließlich auf Hausfrauen und Mütter.

Es kann durchaus sein, dass neue Produktideen nur eine bestimmte Zielgruppe ansprechen sollen, wie zum Beispiel Mütter. In unserem Falle soll die App aber für jeden Verbraucher erhältlich sein, was hieraus allerdings nicht hervorgeht. Somit hätten wir im Konzepttest verzerrte Ergebnisse, weil etwa der junge, männliche Single sich nicht angesprochen fühlt.

Definieren Sie also Ihre Zielgruppe von Anfang an und behalten Sie sie über die gesamte Forschung im Blick.

So können Sie es besser machen:

Ich kaufe gern im Tante-Emma-Laden um die Ecke ein. Da wird man mit einem freundlichen Lächeln begrüßt, der Kunde ist noch König. Aber geht das auch ohne das Haus zu verlassen – bequem vom Sofa aus?

Dieser Consumer Insight ist positiv formuliert, verständlich und basiert auf relevanten Konsumentenbedürfnissen. Er besteht aus

  • einer Wahrheit: „Ich kaufe gerne im Tante-Emma-Laden um die Ecke ein."
  • dem Bedürfnis: „Da wird man mit einem freundlichen Lächeln begrüßt, der Kunde ist noch König.“
  • dem resultierenden Spannungsfeld: „Aber geht das auch ohne das Haus zu verlassen – bequem vom Sofa aus?“

Der Insight konzentriert sich auf lediglich ein Problem, die „Ich-Form“ unterstützt zusätzlich die persönliche Identifikation. Letztendlich muss das Bedürfnis erweckt werden: „Genau, so geht’s mir auch!“

 

02Uniqueness is Key: Was macht Sie und Ihr Produkt einzigartig?

Der Pool an Wettbewerbern ist groß. Was ist Ihr persönlicher USP? Wie hebt sich das eigene Produkt-Neukonzept von anderen ab – auch wenn die Art von Produkt schon existiert?

Diese Frage ist grundlegend wichtig, um den Benefit des Produktkonzepts treffsicher wiederzugeben. Es gilt den einen, besonderen Vorteil, den das Produkt verspricht, konsumentengerecht herauszustellen, ohne dabei zu marketing-/werbelastig oder ungenau zu werden.

Hier ein Beispiel, wie Sie es besser nicht machen sollten:

Der „Emma-Bot“ hilft beim Einkaufen. Einfach in der App die notwendigen Daten eingeben und Ihre Kreditkartendaten hinterlegen – und schon kann‘s losgehen. Ein Premium-Abo mit allen Funktionen ist kostengünstig, und jederzeit per Einschreiben kündbar. Die Preise für Waren aller Art liegen nur knapp über denen im Supermarkt; die Lieferung kostet natürlich extra.

Auch diese Textpassage weist zweierlei Optimierungspotenzial auf:

  1. Formal: Der Benefit ist lediglich eine Aneinanderreihung von „Vorteilen“.
    Wie oben erwähnt: Der Benefit ist die Lösung zu dem im Insight beschriebenen Konflikt und beschreibt das zukünftige Angebot. Aus dem hier gezeigten Benefit wird kaum deutlich, dass es sich um einen Einkaufsservice handelt, da eine Auflistung vermeintlicher Vorteile und Funktionsweisen vom eigentlichen Produktnutzen ablenkt. Das Angebot muss eindeutig erkennbar sein – sonst mangelt es dem Produktkonzept an Einzigartigkeit, was sich unter anderem in negativen Testergebnissen niederschlagen kann.
  2. Inhaltlich: Der Benefit ist teilweise unpassend für die Zielgruppe.
    Zudem ist es zweifelhaft, ob die im Benefit erwähnten „Vorzüge“ – die Hinterlegung von persönlichen Daten und das Abschließen eines Premium-Abos – den Konsumenten wirklich überzeugen, es zu kaufen. Eine ideale Reaktion auf den Benefit lautet: „Ja, genau, das ist die Lösung für mein Problem – das brauche ich!“

So wie hier:

Ja, das geht. Der „Emma-Bot“ macht‘s möglich – ihr persönlicher Online-Einkaufs-Service, der Sie beim Einkaufen an die Hand nimmt. Einfach die App aufs Handy laden und digital einkaufen. Und das mit einer persönlichen Note – fast wie im Tante Emma-Laden vor Ort.

Auch wenn Benefit erklärungsbedürftig ist, wie in unserem Beispiel, oder mehrere Benefits aufeinanderfolgen, muss sichergestellt werden, dass die einzelnen Elemente schlüssig zusammenhängen und aufeinander aufbauen.

 

03Warum soll man Ihnen glauben? Erklären Sie sich Themen-Fremden!

Glaubwürdigkeit erhält Ihr Konzept durch die Reasons to Believe. Sie beantworten die Frage „Warum sollte ich das glauben, was mir im Benefit versprochen wird?“ und erklären somit die Funktionsweise des Produkts.

Ein letztes Negativbeispiel:

Die App funktioniert mit iOS und Android. Sie loggen sich bequem per Fingerabdruck oder Face-ID ein, die einzigartige UI begeistert technikaffine Kunden. Hier gilt: Mobile First – Virtual Reality ist gestern!

Sind alle wichtigen Informationen vorhanden? Ist mein Produktkonzept verständlich und überzeugungsstark? Fragen, die sich bei obiger Formulierung wohl nicht gestellt wurden:

  1. Formal: Der RTB ist sehr kurz und technisch formuliert.
    Lediglich auf die Bedienung der App wird eingegangen. Wie der Einkauf jedoch genau vonstattengeht, wird vernachlässigt.
  2. Inhaltlich: Der RTB ist teilweise nicht zielgruppengerecht.
    Für technikaffine Konsumenten mag die Beschreibung aussagekräftig sein. Aber verstehen Sie, was in der App genau passiert?

Folgendes sollte durch den RTB eigentlich ausgedrückt werden:

Die App ist kostenlos. Der „Emma-Bot“ begrüßt Sie persönlich am digitalen Tresen. Er erkundigt sich, was Sie kochen wollen, empfiehlt passende Rezepte, leckere Weine sowie günstige Tagesangebote. Zusammen durchstreifen Sie am Handy die digitalen Regale und füllen den Warenkorb. Bezahlt wird im Anschluss bequem per Lastschrift, Überweisung, Apple Pay oder Google Pay. Ist der Einkauf abgeschlossen, sind die Lebensmittel bereit zur Abholung. Wer will, kann sich alles gegen ein kleines Trinkgeld von den fleißigen Helfern des „Emma-Bots“, genannt „Emma-Buddys“, bequem nach Hause liefern lassen.

Ohne treffenden RTB haben Konzepte nur wenig Chance auf Konsumentenakzeptanz. Dieser Teil des Konzepts ist so grundlegend und gleichzeitig oft besonders knifflig: Als Argumente können beispielsweise die Beschreibung der Funktionalität, Zutaten bzw. Inhaltsstoffe, technische Formeln, wissenschaftliche Belege oder das Image dienen. Es gilt allerdings, diese Argumente klar nachvollziehbar aufeinander aufbauen zu lassen. Die Kunst ist es, auch wissenschaftliche Belege oder technische Abläufe verständlich einzubringen, ohne sich in Expertensprache zu flüchten. Übertreibungen sollten Sie zudem möglichst vermeiden.

Alles in allem kann ein gelungenes Gesamtkonzept aus der Konsumentenforschung demnach wie folgt aussehen:

Titel:
Emma-Shopping“: Auf die persönliche Art!

Insight:
Ich kaufe gerne im Tante-Emma-Laden um die Ecke ein. Da wird man mit einem freundlichen Lächeln begrüßt, der Kunde ist noch König. Aber geht das auch ohne das Haus zu verlassen – bequem vom Sofa aus?

Benefit:
Ja, das geht. Der „Emma-Bot“ macht‘s möglich – Ihr persönlicher Online-Einkaufs-Service, der Sie beim Einkaufen an die Hand nimmt. Einfach die App aufs Handy laden und digital einkaufen. Und das mit einer persönlichen Note – fast wie im Tante Emma-Laden vor Ort.

Reason to Believe:
Die App ist kostenlos. Der „Emma-Bot“ begrüßt Sie persönlich am digitalen Tresen. Er erkundigt sich, was Sie kochen wollen, empfiehlt passende Rezepte, leckere Weine sowie günstige Tagesangebote. Zusammen durchstreifen Sie am Handy die digitalen Regale und füllen den Warenkorb. Bezahlt wird im Anschluss bequem per Lastschrift, Überweisung, Apple Pay oder Google Pay. Ist der Einkauf abgeschlossen, sind die Lebensmittel bereit zur Abholung. Wer will, kann sich alles gegen ein kleines Trinkgeld von den fleißigen Helfern des „Emma-Bots“, genannt „Emma-Buddys“, bequem nach Hause liefern lassen.

Abschluss:
Emma-Shopping“ macht das persönliche Einkaufserlebnis von früher fit für die Zukunft!

 

Fazit: Konzepte präzise formulieren und testen – für Innovation nah am Konsumenten

Die formale und inhaltliche Gestaltung Ihrer Produktkonzepte hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Ergebnisse in der Konsumentenüberprüfung. Vielleicht ebenso wichtig ist allerdings die systematische Vorarbeit aus der konsumentenorientierten Innovationsforschung. Es gilt:

  • Finden Sie zuerst konsumentenrelevante Insights.
  • Entwickeln Sie darauf aufbauend neue Produktideen, von denen Sie nur die vielversprechendsten verfolgen.
  • Übersetzen Sie diese in Produktkonzepte und überprüfen Sie sie im Konsumententest (Konzepttest).

Nach dem Konzepttest stehen dann die Preis-, Verpackung-, Variantenoptimierung der Gewinnerkonzepte im Vordergrund.

 

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Die autor:innen

Geschrieben von EARSandEYES

Das Hamburger Full-Service Institut EARSandEYES steht nationalen und internationalen Unternehmen seit 1999 als Partner bei der Innovations-, Marken- und Marketingforschung zur Seite. Wir greifen auf umfassendes Methodenwissen und fundierte Branchenkenntnisse zurück. Serviceorientierung und Innovationskraft gehören zu den zentralen Werten des Unternehmens. Seit 2017 ergänzt wir unser Angebot durch die automatisierte Pretesting-Lösung kvest.com: präzise Insights zu Produktkonzept, Verpackungsdesign und Werbewirkung innerhalb von 48 Stunden – dargestellt in einem interaktiven Live-Dashboard.

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